Das Amtsgebäude des AWG am Forstamtsplatz 1 in Teisendorf (Foto: AWG)
Untergebracht ist die Einrichtung seit ihrer Gründung 1964 als Bayerische Landesanstalt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (BLASPZ) in dem großen blaugrünen historischen Gebäude im Zentrum der Marktgemeinde, dessen Geschichte noch viel weiter zurück geht, als die des AWG, nämlich bis ins späte Mittelalter.
Eine zukunftsweisende Entscheidung, deren Ausgangspunkt die großen Aufforstungswellen in den 1950er und 1960er Jahren war, für die große Mengen an Saat- und Pflanzgut zur Begründung neuer Wälder benötigt wurden.
Inzwischen lagen nämlich wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die zeigten, dass Fichte nicht gleich Fichte und Buche nicht gleich Buche ist, sondern dass die Erbanlagen von Samen und Pflanzen und die langen Jahre der Anpassung an einen bestimmten Standort für das Wuchsverhalten, die Stabilität und die Holzqualität der späteren Bäume ausschlaggebend sind.
Diese Erkenntnisse mussten möglichst schnell in die Praxis umgesetzt werden, bei der Auswahl der Erntebestände, bei der Anzucht der Pflanzen in den Baumschulen, bei der Pflanzenbeschaffung und der Pflanzung zur Begründung zukünftiger Wälder.
Produzenten von Forstvermehrungsgut und Waldbesitzer gleichermaßen mussten für die wichtige Rolle der Herkunft von Forstvermehrungsgut sensibilisiert werden. Empfehlungen für die passende Verwendung und Möglichkeiten zur Kontrolle der Herkunft mussten erarbeitet werden. Das war und ist bis heute Kerngeschäft des AWG.
Joachim Hamberger, Leiter des AWG fasst es in dem Satz zusammen:
„Wir erforschen baumHERKUNFT und empfehlen waldZUKUNFT“.
Das hat sich in der 60 Jahren in der Essenz nicht geändert, im Laufe der Zeit sind aber sowohl die Bedeutung als auch das Aufgabenspektrum deutlich gewachsen. Klimawandel, Waldumbau und Energiewende wirkten und wirken sich auch auf die Arbeit des kleinen, aber feinen Teisendorfer Amtes aus, das mit seinem speziellen Fachgebiet für ganz Bayern zuständig ist.
Zu Aufgaben wie der Zulassung von Erntebeständen und deren Prüfung auf ihre Eignung als Saatgutquelle durch Feldversuche, dem Aufbau von Samenplantagen oder der Aus- und Fortbildung im Fachbereich kamen im Laufe der Jahre laborgenetische Untersuchungen zur schnellen Bestimmung der Erbanlagen der Waldbäume, ein Labor zur Prüfung der Saatgutqualität, eine forstliche Genbank und ein Programm zum Monitoring der langfristigen genetischen Veränderungen im Klimawandel hinzu. Vor Kurzem wurden die Herkunftsempfehlungen zur Verwendung von forstlichem Vermehrungsgut angepasst und um die Kategorie der „klimaplastischen Herkünfte“ erweitert.
Vor Kurzem wurden die Herkunftsempfehlungen zur Verwendung von forstlichem Vermehrungsgut angepasst und um die Kategorie der „klimaplastischen Herkünfte“ erweitert.
Im Fokus steht derzeit auch die Beschaffung von passendem Vermehrungsgut für Baumarten aus wärmeren und trockeneren Regionen wie Baumhasel, Atlaszeder, Roteiche oder Zerreiche. Das AWG sieht sich auch als Verbraucherschutzorgan, das durch Beratung, Aufklärung, Kontrolle und genetische Überprüfung die Waldbesitzer bei der Verwendung von passendem Vermehrungsgut für ihren Wald unterstützt.
Dass man gerade das beschauliche Teisendorf 1964 als Sitz dieser Sonderbehörde ausgesucht hat, war der Tatsache geschuldet, dass hier das Forstamt Teisendorf seinen Sitz hatte, zu dem das damalige Torfwerk Ainring und der Nebenbetrieb „Samenklenge und Pflanzgarten Laufen“ gehörten.
Das Forstamtsgebäude im Zentrum von Teisendorf bot den notwendigen Büroraum, Torfwerk und Pflanzgarten die Infrastruktur zur praktischen Forschungsarbeit, zur Samenernte, -aufbereitung und Pflanzenanzucht. Und mit Helmut Schmidt-Vogt, später Professor für Waldbau an der Universität Freiburg gab es hier einen forschungsinteressierten Forstamtsleiter mit Weitblick. Nicht zu vergessen auch die räumliche Nähe zum Gebirgswald, wo viele hochwertige Erntebestände liegen, die Schutzwaldsanierung vorangetrieben wurde und die standörtliche und klimatische Vielfalt eine Herausforderung für die Verwendung von Pflanzgut war. Mit der Klenge Bindlach als Außenstelle im nördlichen Bayern konnte auch Franken ortsnah berücksichtigt und versorgt werden.
Das Torfwerk ging 1969 an die Bayerische Hütten- und Salinenverwaltung, die beiden Pflanzgärten mit der Änderung der Forstorganisation in Bayern 2005 an die Bayerischen Staatsforsten. Die Zusammenarbeit mit den beiden Betriebseinheiten ist aber nach wie vor eng. Die Kernaufgabe von Herkunftsforschung und Zukunftsempfehlung für die Bayerischen Wälder aber ist nach wie vor in Teisendorf angesiedelt.
Amtsschild von 1964
neues Laborgebäude
Am 29. September will es bei einem Tag der offenen Tür seine Arbeit der breiten Öffentlichkeit vorstellen. Die Erfolgsgeschichte dieser Sonderbehörde soll zum Wohle des Zukunftswaldes und seiner Besitzer weiter gehen.